Experten-Interview mit Uli Plaumann und Lea Feder
Uli Plaumann vom Radlabor München und Lea Feder von "WAY TO WIN" sind Profis in Sachen Bikefitting und der passenden Fahrradeinstellung. Tagtäglich helfen Sie nicht nur Männern, sondern auch Frauen die Fahrräder richtig und vor allem ergonomisch einzustellen und Probleme zu lösen. Vor allem rund um das Thema "Frauen und Fahrradsattel" haben beide viel Erfahrung.
Im folgenden Interview geben die beiden Frauen Tipps und erzählen uns, worauf Frauen ganz besonders achten sollten:
Persönliche Vorstellung:
Uli: "Ich bin Uli Plaumann, Sportwissenschaftlerin und Laborleitung im Radlabor München. Dort beschäftige ich mich hauptsächlich mit dem Thema Bike Fitting, Diagnostik und Training."
Lea: "Ich bin Lea Feder, Gründerin und Geschäftsführerin von WAY TO WIN - einem Dienstleistungsunternehmen im Bereich Ausdauertraining mit dem Schwerpunkt Radtraining. Es geht dabei nicht nur um Leistungsverbesserung, sondern um die langfristige Zufriedenheit unserer Kunden durch das Erreichen sportlicher Ziele im Einklang mit den anderen Lebensbereichen. Aus diesem Grund verbinden wir Ernährung und Athletik mit dem klassischen Ausdauertraining und bieten darüber hinaus auch Dienstleistungen wie ergonomisches Bikefitting an. Ich habe einen Bachelor in Bioinformatik und bin bald mit meinem Staatsexamen der Humanmedizin fertig. Privat kam ich ursprünglich vom Handball als Quereinsteigern zum Rad-Leistungssport. Mittlerweile hat jedoch WAY TO WIN Vorrang und ich fahre nur noch zum Ausgleich Rad. Meine Mission mit meinem Team von WAY TO WIN ist es, möglichst vielen Menschen ein tiergehendes Verständnis für ihren Körper zu vermitteln, um sportliche Ziele nicht nur schnell, sondern auch nachhaltig und mit Spaß zu erreichen."
Worauf muss eine Frau bei der Wahl eines Fahrradsattels achten?
Uli: "Zuerst sollte eine Frau ihren Sitzbeinhöckerabstand messen. Danach ist es wichtig, in welcher Position die Frau auf dem Rad sitzt – ist es eine sehr sportliche Position, in der die Hüfte weit nach vorne rotiert oder eher eine aufrechte Position wie auf einem MTB oder Trekking-Rad. Danach kann dann ausgewählt werden, welche Breite der Sattel für die individuelle Position haben soll."
Lea: "Das Wichtigste ist aus meiner Sicht die richtige Sattelbreite. Bei Frauen ist das deshalb ein größeres Thema als bei Männern, weil sie im Durchschnitt breitere Becken und damit auch größere Sitzknochenabstände (bis zu 18 cm) haben und viele Radhersteller standardmäßig eher schmale Sättel montieren, die für männliche Becken (ab 6 cm) geeignet sind."
Was sind typische Probleme bei Frauen & Fahrradsattel? Wie können diese vermieden werden?
Uli: "Das häufigste Problem, dass ich im Labor erlebe, ist, dass viele Sättel für Frauen zu schmal sind und sie sich häufig mit der Aussage trösten müssen, dass „es weh tun muss“! Das muss es meiner Meinung nach nicht. Vermieden werden können diese Probleme, indem man gleich zu Beginn des Radkaufes den Sattel an die Frau und an die Position anpasst, so kann man sich unangenehmes hin und her Rutschen auf dem Sattel ersparen und hat von der ersten Umdrehung auf dem Rad ein angenehmeres Gefühl."
Lea: "Im Grunde sind das ähnliche Probleme wie bei Männern: Sitzt man zu wenig auf den knöchernen Strukturen wie den Sitzknochen und den Schambeinkufen und zu stark auf den Weichteilen, können Taubheitsgefühle und Hautreizungen auftreten. Bei Männern sind das üblicherweise Entzündungen der Haut und bei Frauen wunde Stellen im Genitalbereich. Zudem treten bei Mann und Frau Hautreizungen wie Entzündungen und Pickelbildung im Bereich der Sitzknochen auf, wenn die Sitzposition instabil ist. Die Basis zur Problembehebung ist ein Sattel der richtigen Breite. Zusätzlich muss auf die passende Sattelform, die richtige Sitzhöhe und eine angepasste Sitzlänge und Überhöhung geachtet werden. Wir sind sogar der Meinung, dass man unter den gängigen unisex-Sätteln sowohl für Männer als auch für Frauen fast immer einen passenden Sattel finden kann. Es braucht jedoch ein geschultes Auge, eine große Auswahl an Sätteln und im Idealfall auch eine Sattel-Druckmessfolie im Rahmen eines Bikefittings. Zudem ist ein gewisses Maß an Beweglichkeit eine Voraussetzung für sportliche Sitzpositionen. Aus diesem Grund ist ein Athletiktest Teil des Bikefittings bei WAY TO WIN."
Lochsattel – Was sagst Du dazu?
Uli: "Kann passen, tut er aber selten. Grund ist, dass das Loch häufig direkt im Schamlippenbereich ist. Natürlich kann da kein Druck entstehen, wo kein Gewebe ist – aber schaut man sich die Stege des Sattels mal genauer an, sind diese meist sehr schmal und durch die Naht sehr hart, sodass hier schnell unangenehme Druckspitzen direkt an den sensiblen Schamlippen entstehen können. Wenn jemand anatomisch direkt auf diese Stellen passt, dann kann der Sattel super passen, häufiger ist jedoch, dass kein Loch die angenehmere und bessere Wahl für Frauen ist."
Lea: "Hier muss man wissen, dass dieser die Ursache des zu stark belasteten Genitalbereiches nicht löst, sondern nur das Problem verlagert. Die Ursache wird dadurch nicht behoben: Sitzt man nicht gut auf den Sitzknochen, führt ein Lochsattel nur dazu, dass sich die Hautreizungen entlang der Schambeinkufen ausweiten. Es kann eine Übergangslösung sein, wenn so wenig Mobilität im Becken vorhanden ist, dass man bei einer gewissen Sportlichkeit der Position nicht mehr auf den Sitzknochen sitzen kann, jedoch sollte hier das Augenmerk auf die Beweglichkeit gerichtet werden, um die Ursache des Problems zu beheben. Auch hier kann ein Bikefitter konkrete Empfehlungen für geeignete Übungen geben."
Ergänzung SQlab: